HÖHLE COSQUER

Eine Reise durch die Epochen

Die Höhle Cosquer war lange Zeit besiedelt, von 33.000 bis 19.000 v. Chr., und wurde von zwei großen Epochen quasi ununterbrochen geprägt. Diese Daten sind dank um die 60 Datierungen mithilfe der Radiokarbonmethode bekannt, für die 41 Proben berücksichtigt wurden, die zwischen 1992 und 2012 entnommen wurden.

Die ersten Besiedlungen dieser Höhle entsprechen dem Zeitraum, als sich die Nutzung der Höhle Chauvet dem Ende zuneigte. Die letzte menschliche Präsenz in der Höhle wiederum fällt in die Epoche, als die Höhle Lascaux besiedelt war. Zu den „zeitgenössischen‟ Höhlen zählen die Große Höhle in Arcy-sur-Cure (28.000 v. Chr. – Yonne), die Höhlen von Cussac (29.000 v. Chr. – Buisson-de-Cadouin, Dordogne), Pech-Merle (29.000 v. Chr. – Cabrerets, Lot) und Cougnac (30.000 v. Chr. – Payrignac, Lot).

Zwischen 40.000 und 10.000 vor unserer Zeit: das Jungpaläolithikum
Das Jungpaläolithikum ist ein Abschnitt der Urgeschichte, der sich in Europa mit Ankunft der ersten Homo sapiens vor etwa 45.000 Jahren entwickelte. Das Klima zu dieser Zeit war kalt, Flora und Fauna hatten sich an diese niedrigen Temperaturen angepasst. Die Jäger und Sammler Homo sapiens entwickelten diverse Werkzeuge, Jagdtechniken und Unterkunftsstrukturen, um sich ihrer Umwelt anzupassen. Vor etwa 10.000 Jahren wurde das Klima wärmer, was das Ende des Paläolithikums einläutete.
33.000 Jahre vor unserer Zeit: Gravettien, die erste menschliche Anwesenheit in der Höhle
Das Gravettien ist die wichtigste archäologische Kultur des mittleren Jungpaläolithikums in Europa. Diese Kultur entwickelte sich ab 34-33.000 bis 23-22.000 Jahre vor unserer Zeit. Diese Epoche charakterisiert sich durch ihre sehr spezifische Steingeräte-Industrie, darunter vor allem die Gravettespitze, sowie durch ganz eigene Kunstwerke wie Venusfigurinen und Handnegative. Das geografische Gebiet des Gravettien war sehr weitläufig und erstreckte sich von der iberischen Halbinsel bis zum Dnepr-Becken.
19.000 Jahre vor unserer Zeit: Die letzte menschliche Anwesenheit in der Höhle Cosquer
Das Epigravettien löste das Gravettien in einem geografischen Gebiet ab, das sich von der Rhone im Westen bis zum Dnepr-Becken im Osten und zur Donau im Norden erstreckte, es dauerte von 22-20.000 v. Chr. bis zum Ende der letzten Eiszeit (Würm) vor etwa 10.000 Jahren. Die reiche Kultur des Epigravettien kommt der des vorherigen Gravettien nahe. Einige der Venusfigurinen von Grimaldi scheinen dem alten Epigravettien zugeschrieben werden zu können.
Bis 1991: Anstieg des Meeresspiegels, Überflutung eines Teils der Höhle
Die Höhle Cosquer, die zu einer Zeit mit Malereien dekoriert wurde, als das Meer noch Kilometer weit weg war, ist heute zum Teil durch den angestiegenen Meeresspiegel überflutet. Die Höhle ist seit etwa 9000 Jahren für den Menschen nicht mehr zu Fuß zugänglich. Diese Stätte, die tausende Jahre lang geschützt lag und heute als ein archäologisches Erbe gilt, wird unweigerlich ganz verschwinden.
1985: Die ersten Tauchgänge von Henri Cosquer in der Calanque de la Triperie am Cap Morgiou
Ab 1985 unternahm Henri Cosquer seine ersten Tauchgänge in der Höhle. Vor diesen Unternehmungen hatte seit an die 20.000 Jahren kein einziger Mensch die Höhle betreten. Der Zutritt erfolgt über einen Eingang (der ursprüngliche, originale Eingang), der sich in 37 Metern Tiefe befindet und einen engen, röhrenartigen Weg, der langsam ansteigt und am „Strand‟ im Saal 1 herauskommt.
1991: Erklärung von Henri Cosquer und Authentifizierung durch Jean Courtin und Jean Clottes
ANachdem Henri Cosquer die Felsenmalereien entdeckt hatte, setzte er die französische Abteilung für archäologische Unterwasserforschung (DRASSM) über seinen Fund in Kenntnis. Im Auftrag des Kulturministeriums erfolgte eine erste Untersuchung der Höhle. Sie wurde von dem Prähistoriker Jean Courtin mit der Unterstützung von Jean Clottes geleitete und ermöglichte es, die Malereien und Ritzereien als authentisch zu bestätigen. Mithilfe der Radiokohlenstoffdatierung konnte Jean Courtin eine erste Schätzung bestimmen, was das Alter der Höhle anging. Es handelte sich in der Tat um eine Stätte aus der Altsteinzeit.
2. September 1992: Die Höhle wird in die Liste der historischen Monumente aufgenommen.
1992 bis 2022: 30 Jahre Forschung
Das Kulturministerium, das die nationale Koordination der Aufgaben zur Erhaltung, Erforschung und Aufwertung der Höhlen mit prähistorischer Kunst gewährleistet, beauftragt Jean Courtin und Jean Clottes in Zusammenarbeit mit dem Departement für archäologische Unterwasserforschung (DRASSM) mit einer ersten Kampagne zur Untersuchung der Höhle Cosquer im Jahr 1992, gefolgt von einer zweiten Kampagne in 1994. Die Regionaldirektion für kulturelle Angelegenheiten (DRAC) Provence-Alpes-Côte d'Azur (regionalweite Erhaltung historischer Stätten und regionaler archäologischer Dienst) übernimmt die Aufgaben der Erhaltung und der wissenschaftlichen und technischen Kontrolle der Arbeiten in der Höhle. Luc Vanrell, Taucher, Fotograf und Unterwasserforscher, beteiligt sich mit Michel Olive zwischen 1994 und 2021 an den Arbeiten in der Höhle und leitet diese auch, um den technischen und wissenschaftlichen Ablauf sicherzustellen. In Zusammenarbeit mit den Gesellschaften Immadras und Fugro vervollständigen sie zur Zeit den 3D-Abdruck im Auftrage des französischen Staates und der Regionaldirektion für kulturelle Angelegenheiten (DRAC) Provence-Alpes-Côte d'Azur.
1994 und 2015: Die ersten wissenschaftlichen Publikationen
Peintures et gravures de la caverne engloutie‟ (Malereien und Ritzereien in der Unterwasserhöhle), das erste Werk von den Prähistorikern Jean Courtin und Jean Clottes, erscheint im Verlag Éditions du Seuil. „Cosquer redécouvert‟ (Die Wiederentdeckung von Cosquer), das zweite Werk von den Prähistorikern Jean Courtin und Jean Clottes sowie dem Fotografen Luc Vanrell, erscheint im Verlag Éditions du Seuil.
2019
Die Gruppe Kléber Rossillon wird von der Region Alpes-Provence-Côte d'Azur mit dem Entwurf, dem Bau der Nachbildung und dem Betrieb der Höhle und des Interpretationszentrums für eine Dauer von 25 Jahren beauftragt.
2021: Ein neues Forschungsteam
Seit 2021 ist der Prähistoriker Cyril Montoya vom Kulturministerium (allgemeine Direktion für Kulturerbe und Architektur) damit beauftragt, eine neue pluridisziplinäre Untersuchung der Höhle zu leiten, an der etwa 15 Wissenschaftler, Archäologen, Experten für Karstologie, Hydrogeologen usw. mitwirken.
4 Juin 2022
Eröffnung der prähistorischen Unterwasserhöhle Cosquer Méditerranée für das breite Publikum.
Eine Million Besucher
Cosquer Méditerranée ist zu einer festen Größe in Marseille geworden und begrüßte am 19. September 2023, 15 Monate nach seiner Eröffnung für die Öffentlichkeit, seinen millionsten Besucher. Zu diesem Anlass kam Henri Cosquer persönlich, um der glücklichen Bewohnerin der Region Provence-Alpes-Côte d'Azur einen lebenslangen Pass für den Besuch von Cosquer Méditerranée zu überreichen, umgeben von Frédéric Prades, dem Direktor, und Christophe Madrolle, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Meer und Küste der Region Süd - Provence-Alpes-Côte d'Azur.

Die Höhle Cosquer, eine bedeutende Stätte für prähistorische Kunst

DIE SEHR LANGE MENSCHLICHE ANWESENHEIT IN DER HÖHLE, DIE REICHE VIELFALT DES BESTIARIUMS, DIE SPUREN DER MENSCHLICHEN AKTIVITÄT SIND ALLESAMT ELEMENTE, DIE AUS DER HÖHLE COSQUER EINE DER HOCHBURGEN FÜR DIE JUNGSTEINZEITLICHE KUNST IM EUROPÄISCHEN MITTELMEER MACHEN. IHRE LAGE IN MARSEILLE BESCHEINIGT, DASS DIE GEBIETE DER BERÜHMTEN STADT DER PHÖNIZIER SEIT VIEL LÄNGERER ZEIT ALS „NUR‟ 26 JAHRHUNDERTE BESIEDELT SIND ...

In der gesamten paläolithischen Kunst zeigt sich die Originalität von Cosquer in der Darstellung der Meerestiere: die berühmten Pinguine und Robben, die zwar nicht neuartig (in der Höhle von Nerja in Spanien befinden sich beispielweise 6 Robbenmalereien), aber zu einem Sinnbild für die Höhle Cosquer geworden sind. Die Präsenz von zwei Saigaantilopen im Bestiarium der Höhle ist ebenfalls von Interesse, da die seltenen Darstellungen dieses Tieres meist auf beweglichen Kunstgegenständen zu finden sind und eher dem Magdalénien zugeschrieben werden.

Die einzige weitere in der Provence bekannte Stätte mit urzeitlicher Felsenmalerei ist der sogenannte Unterschlupf des Bisons von Ségriès (Moustiers Sainte-Marie, Alpes de Haute-Provence). In diesem Unterschlupf wurde ein einzelner Bison in die Kalksteinwand geritzt. Das Werk ist mit 18 cm Länge eher klein. Es weist Ähnlichkeiten zum Bison auf, der in der Höhle Cosquer in den Fels geritzt wurde (Glieder in Y-Form, gebogene Hörner), was einige Forscher dazu brachte, diese Ritzerei zeitlich denen in der Unterwasserhöhle anzunähern.

Eine empfindliche und vom Anstieg des Meeresspiegels bedrohte Unterwasserhöhle

DIE HÖHLE COSQUER IST VOM VERSCHWINDEN BEDROHT. DER ZERSTÖRUNGSPROZESS SETZTE SCHON VOR 10.000 JAHREN EIN: SEIT DEM ENDE DER LETZTEN EISZEIT HAT DER ANSTIEG DES WASSERS SCHON 4/5 DER HÖHLE ÜBERFLUTET.

Das restliche Fünftel ist heute aufgrund der Klimaerwärmung von dem gleichen Phänomen bedroht. Mit einem Wasseranstieg von etwa 3 mm pro Jahr sind die Auswirkungen schon sichtbar, wie es die Forscher-Taucher an einigen Figuren feststellen konnten: Daher die Wichtigkeit, erneut ein Forschungsteam zu beauftragen, um dieses bedrohte Kunstwerk dank einer eingehenden Untersuchung zu retten.

Die Überflutung der Höhle hat zerstörerische und unwiderrufliche Folgen. Man schätzt, dass die unter Wasser befindliche Fläche schon 3/4, wenn nicht gar 4/5 der Gesamtfläche der Höhle ausmacht. Wenn man bedenkt, dass alle für den künstlerischen Ausdruck gestaltbaren bzw. geeigneten Flächen, die den Künstlern aus der Urzeit zugänglich waren, in den noch vom Wasser verschonten Bereichen genutzt wurden, dann kann man davon ausgehen, dass eine sehr große Zahl an Werken schon längst verloren ist.

Das ist die Stätte in Frankreich, von der man sicher weiß, dass man nicht viel wird retten können. Jeden Tag geht ein Teil verloren, weshalb die Forschungen der zeitlichen Dringlichkeit unterliegen.

Geneviève Pinçon, Direktorin des nationalen Urzeitzentrums.

Ein Verschwinden mit Ankündigung

Seit Beginn des Industriezeitalters beobachten wir einen Anstieg der Temperaturen. Es handelt sich dabei um die Auswirkung der Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre, die den Treibhauseffekt verstärkt.

Schon 1896 hatte der schwedische Chemiker Svate Arrhenius den Effekt von Kohlendioxid-Emissionen berechnet. In einem Artikel stellte er bereits eine zukünftige, durch anthropogene CO2-Emissionen bedingte globale Erwärmung in der Größenordnung von 5 °C bei einer Verdoppelung des CO2-Ausstoßes in Aussicht (heute liegen die jüngsten Schätzungen bei 3,5 °C).

Das ist der hauptsächliche Grund, warum das Klima wärmer wird und es aktuell zum Abschmelzen der Gletscher kommt. Doch während das Schmelzen der Eismassen für 70 % des erwarteten Anstiegs des Meeresspiegels verantwortlich ist, werden 30 % dieses Anstiegs durch die Ausdehnung des oberflächennahen Meereswassers verursacht, das 90 % der durch die globale Erwärmung geschaffenen Wärme speichert.

Mit diesen atmosphärischen Erwärmungsphänomenen steigt der Meeresspiegel jedes Jahr um einige Millimeter an. Prognosen lassen vermuten, dass sich das Phänomen in den kommenden Jahren beschleunigen könnte, was auf bestimmte Rückkopplungen wie den Albedo-Effekt* und die steigende Konzentration von Treibhausgasen zurückzuführen ist.       *Unter Albedo versteht man den Effekt, der auftritt, wenn die Sonnenstrahlen auf eine Oberfläche treffen und diese Strahlen in den Weltraum zurückgeführt werden.

Aus diesem Grund ist das Projekt, eine Nachbildung der Höhle Cosquer anzufertigen, die für jedermann zugänglich und unvergänglich ist, heute nicht nur gerechtfertigt, sondern auch unerlässlich. Der natürlich bedingte Zerstörungsprozess, der vor über 10.000 Jahren einsetzte, scheint aufgrund des anhaltenden Anstiegs des Meeresspiegels in der Höhle unaufhaltbar.

Aus diesem Grund ist das Projekt, eine Nachbildung der Höhle Cosquer anzufertigen, die für jedermann zugänglich und unvergänglich ist, heute nicht nur gerechtfertigt, sondern auch unerlässlich: Der Zerstörungsprozess ist unaufhaltbar.